Grundlagen für die Sanierung von Bergbaualtlasten
Beitrag zum Projekt:
- Hintergrund
- Das Projekt
- 1. Rechtlicher Rahmen für die Bergbaualtlasten in Chile
- 2. Finanzierungsinstrumente für die Sanierung der Bergbaualtlasten
- 3. Aufbau der fachlichen Qualifikation für die Sanierung der Bergbaualtlasten
- Ausblick
Hintergrund
Quelle: CODELCO
Chiles Geschichte und Wirtschaft sind vom Bergbau geprägt. Der Reichtum an metallischen und nichtmetallischen Rohstoffen befindet sich geologisch und historisch bedingt in der Kordillere, ihren Längstälern und den Salzseen vor allem im Norden des Landes.
Heute steht Chile mit einer Bergbauproduktion von ca. 5 Mio. t Kupfer im Jahr 2003, die etwa 36 % der Weltproduktion darstellen, mit weitem Abstand an erster Stelle. Die Kupferindustrie ist im chilenischen Bergbau und in der gesamten chilenischen Wirtschaft von herausragender Bedeutung. Weltweit führend ist Chile ebenfalls in der Lithium- und Jodproduktion, bei Molybdän und Silber steht es jeweils an dritter Stelle.
Die Bergbauproduktion Chiles hat sich in den letzten 20 Jahren verfünffacht, was im Wesentlichen der ausgesprochen offenen Wirtschaftsordnung und den attraktiven Investitionsbedingungen zuzuschreiben ist. Im Jahr 2002 stellte der Bergbau 8,2 % des Bruttoinlandprodukts und 41,6 % der Exporterlöse.
Chile hat heute eine über 150-jährige Geschichte des industriellen Bergbaus hinter sich, in der neben Kupfer vor allem der Abbau von Salpeter, Gold und Silber im Vordergrund stand. Im Laufe dieser Zeit haben sich besonders im Norden des Landes Bergbaualtlasten erheblichen Umfangs angesammelt. Es handelt sich zumeist um Rückstände der Gold- und Silberaufbereitung mit z.T. hohen Gehalten an Arsen, Quecksilber und anderen Schwermetallen, Schlammteiche der Kupferaufbereitung und Abraumhalden mit Stabilitätsrisiken und Sauerwasserpotenzial.
Die mit den Bergbaualtlasten verbunden Risiken liegen für die Bevölkerung und die Umwelt in der Toxizität der enthaltenen Substanzen, ihrer Staubverfrachtung, der Einsturzgefahr großer Bergeteiche, dem Sauerwasserpotenzial, und in geringerem Maße in aufgelassenen, ungesicherten Schächten und anderen Installationen.
Gleichzeitig ist der umweltgerechte Umgang mit Rohstoffen für die in Chile tätigen, zum großen Teil international aufgestellten Bergbaugesellschaften ein immer wichtigeres Element für den Wettbewerb auf dem Weltmarkt. In zunehmendem Maß spielt die Zertifizierung des eigenen Betriebes, aber auch der Nachweis einer Politik der nachhaltigen Entwicklung eine wichtige Rolle.
Fast ausnahmslos stammen daher die Bergbaualtlasten Chiles aus der Zeit vor Inkrafttreten des Umweltgesetzes (1994) und seiner Durchführungsbestimmungen (1997), welche der Genehmigung aller neuen Industrievorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorschalten. Ergänzend dazu werden laufende Bergwerksbetriebe durch eine seit Januar 2004 wirksame Regelung gezwungen, Schließungspläne vorzulegen, die neben der Bergsicherheit auch der Umwelt Rechnung zu tragen haben.
In der Gesetzgebung derzeit noch vollkommen unberücksichtigt sind jedoch die für die Umwelt und auch die Bergwirtschaft zum Teil mit erheblichen Risiken verbundenen Bergbaualtlasten. Obgleich die Umweltbelastungen außer Frage stehen und die Zahl der verlassenen Bergwerke und Aufbereitungsanlagen die der neuen, umweltrechtlich überwachten Betriebe um ein Vielfaches übersteigt, verfügt Chile bislang über keine Regelung zur Inventur, Klassifizierung und Sanierung der als riskant eingestuften Bergbaualtlasten.
Vor diesem Hintergrund beschloss der staatliche Geologie- und Bergbaudienst Chiles, der „Servicio Nacional de Geología y Minería“ (SERNAGEOMIN), 2002, Vorbereitungen für die rechtliche Regelung und technische Lösung der Bergbaualtlasten-Problematik zu treffen und beantragte dafür beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein Projekt der Technischen Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik Deutschland.
Das Projekt
Quelle: CODELCO
Im Rahmen des Projekts „Grundlagen für die Sanierung von Bergbaualtlasten“, das die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zusammen mit SERNAGEOMIN im Auftrag des BMZ durchführt, sollen die Grundlagen für eine Umweltaufsicht über die Bergbaualtlasten geschaffen und der Prozess der Sanierung gefährlicher Bergbaualtlasten eingeleitet werden.
Mit einer vorgesehenen Laufzeit von fünf Jahren wurden im August 2003 die Arbeiten aufgenommen und die Arbeitsschwerpunkte in drei Bereiche gegliedert:
- Rechtlicher Rahmen für die Bergbaualtlasten in Chile
- Finanzierungsinstrumente für die Sanierung der Bergbaualtlasten
- Aufbau der fachlichen Qualifikation für die Sanierung der Bergbaualtlasten
1. Rechtlicher Rahmen für die Bergbaualtlasten in Chile
Quelle: BGR
Die Schaffung eines wirksamen rechtlichen Rahmens für den Umgang mit Bergbaualtlasten in Chile bedarf zunächst einer Zieldefinition, sowie einer Reihe konzeptioneller Grundlagen, in denen Begriffsdefinitionen und Fragen der Zuständigkeit und Verantwortlichkeit festgelegt werden.
In einem zweiten Schritt wird der bestehende Rechtsrahmen auf seine Wirksamkeit im Hinblick auf einen sachgerechten Umgang mit den Bergbaualtlasten im Sinne der Zieldefinition und der konzeptionellen Grundlagen geprüft. Auf dieser Grundlage geschieht dann die Ausarbeitung von Vorschlägen für eine Neuregelung bzw. Modifikation des bestehenden Rechtswerkes.
Die wesentliche Herausforderung einer gesetzlichen Regelung des Themas Bergbaualtlasten in Chile stellt nach derzeitigem Erkenntnisstand die Frage nach einem angemessenen Umgang mit dem Eigentumsrecht und dem Bergrecht auf den betreffenden Gebieten dar, um in angezeigten Fällen den Sanierungseingriff zu ermöglichen.
Im Weiteren sind Fragen der institutionellen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu regeln. Im Wesentlichen handelt es sich um historische Altlasten, die, für die kein Rechtsnachfolger der Verursacher mehr ausgemacht werden kann, oder deren Verantwortlichkeiten nach Ablauf einer 20-jährigen Frist verjährt sind. So wird die Verantwortung für die Sanierung von Bergbaualtlasten in den meisten Fällen auf den Staat zurückfallen. Ausnahmen sind jedoch denkbar und müssen in einer Regelung über die Bergbaualtlasten berücksichtigt werden.
Die Arbeiten an einem Rechtsrahmen für die Bergbaualtlasten werden vom Projekt und einem dafür ins Leben gerufenen Ausschuss, unter Beratung durch ein Team von Rechtswissenschaftlern durchgeführt. Der Ausschuss setzt sich aus allen auf dem Sektor für Bergbau und Umweltbelange maßgeblich zuständigen Behörden (nationale Umweltbehörde „Comisión Nacional del Medio Ambiente“ (CONAMA), dem Bergbauministerium „Ministerio de Minería“, SERNAGEOMIN in seiner Funktion als Oberbergamt) sowie aus der BGR und der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik „Comisión Económica para América Latina y el Caribe" (CEPAL), als beratende Stellen zusammen.
2. Finanzierungsinstrumente für die Sanierung der Bergbaualtlasten
Quelle: BGR
Die zweite Herausforderung stellt die Finanzierung eines Altlastensanierungsprogramms für den Bergbau dar. Die Bereitstellung der dafür erforderlichen Mittel allein aus dem Staatshaushalt ist nach derzeitiger Einschätzung unwahrscheinlich. Im Rahmen des Projektes werden Vorschläge für alternative Finanzierungsinstrumente erarbeitet, mit den zuständigen Stellen abgestimmt und, nach Ablauf der ersten Projektphase zusammen mit den Vorschlägen zur gesetzlichen Neuregelung dem Gesetzgeber vorgelegt.
Heute kann davon ausgegangen werden, dass die Finanzierung in den meisten Fällen durch eine direkte oder indirekte Beteiligung des Bergbau-Sektors geschehen wird. Denkbar sind Fonds und Patenschaften mit entsprechenden steuerlichen Anreizen, sowie die Nutzung nicht-steuerlicher Einkünfte des Staates wie aus der Vergabe von Bergrechten, der Verhängung von Strafgeldern, etc..
3. Aufbau der fachlichen Qualifikation für die Sanierung der Bergbaualtlasten
Quelle: BGR
Der dritte Arbeitsschwerpunkt zielt auf die fachliche Qualifikation des Projektträgers, um diesen in die Lage zu versetzen, für die Altlasten-Sanierung zu werben und künftige Sanierungsmassnahmen umfassend zu beaufsichtigen. SERNAGEOMIN ist die Institution, der per Gründungsdekret die Aufsicht über die Umsetzung der Normen des Bergbausektors obliegt. Dies betrifft neben der Verwaltung der Bergrechte auch die Aufsicht über die Einhaltung von Bergsicherheitsvorschriften und Umweltbelangen.
SERNAGEOMIN wird bei einer künftigen Regelung der Bergbaualtlasten in Chile die Zuständigkeit für die Identifikation und Risikoklassifizierung der Bergbaualtlasten, wie auch, in angezeigten Fällen, für die technische Aufsicht über deren sachgerechte Sanierung zufallen.
Zu diesem Zweck wurden Arbeitsgruppen geschaffen, die unter fachlicher Anleitung Informationen zu spezifischen Altlasten erheben und Sanierungen auf Pilotmaßstab vorbereiten und beaufsichtigen. Die Durchführung von Pilotprojekten dient vorwiegend dem Erwerb praktischer Erfahrung in der Identifikation, Klassifizierung und Vorbereitung von Maßnahmen zur Sanierung von Bergbaualtlasten.
Ausblick
Derzeit befindet sich das Projekt in seiner ersten, auf zwei Jahre Laufzeit ausgelegten Phase. Insgesamt wird die Projektzeit voraussichtlich 5 Jahre betragen. In einer zweiten Phase, die von 2005 bis 2008 reichen soll, werden die Schwerpunkte auf einem weiteren Aufbau der fachlichen Qualifikation der Partnerinstitution für die Aufsicht und die Steuerung der Bergbau-Altlasten-Sanierung in Chile, und der Implementierung der in der ersten Projektphase vorgelegten Vorschläge für einen rechtlichen Rahmen und der notwendigen Finanzierungsinstrumente liegen.
Während die Sanierungsmassnahmen im ersten Teil der Projektlaufzeit noch im Wesentlichen unter der technischen Leitung des Projektpersonals und externer Berater unter Begleitung der Partnerfachkräfte durchgeführt werden, soll im zweiten Teil den lokalen Fachkräften eine führende Rolle bei Planung und Aufsicht über die Sanierungen zukommen. Die Sanierungsmassnahmen sollen dann bereits unter Zuhilfenahme der ersten in Kraft befindlichen Regelwerken und Finanzierungsinstrumente erfolgen.
Die bislang zugesagten Mittel für die Sanierung von Bergbaualtlasten stammen ausnahmslos aus dem privaten Bergbausektor. Daran ist abzulesen, dass seitens dieses Industriezweigs ein starkes Interesse an einer Lösung der Bergbau-Altlasten-Problematik besteht, und auch künftig Bereitschaft bestehen wird, sich an der Finanzierung eines nationalen Programms zur Sanierung der Bergbaualtlasten zu beteiligen.