Potenzielle Erdöl- und Erdgas-Muttergesteine aus der Barentssee (und Svalbard) und dem Ostgrönlandschelf – Geochemische Arbeiten zu den Projekten PANORAMA und CASE (2016)
Beitrag zum Projekt:
Im Rahmen des Projektes PANORAMA werden die Kohlenwasserstoffpotenziale der Gesteine in den Meeren der europäischen Arktis und die Risiken einer potenziellen Gewinnung untersucht. Ein elementarer Baustein für ein Verständnis der Energierohstoffpotenziale ist ein möglichst umfangreiches Wissen zur Verbreitung, Tiefenlage und Mächtigkeit von potenziell kohlenwasserstoffbildenden Sedimenten (Muttergesteinen). Des Weiteren bestimmen die geochemischen Eigenschaften der Muttergesteine wie z.B. der Gehalt an organischem Kohlenstoff und die thermische Reife, ob und wie viel Kohlenwasserstoffe (Erdöl und Erdgas) aus diesen Gesteinen gebildet werden können oder bereits gebildet wurden. Im Arbeitsbereich „Organische Geochemie und Gasgeochemie“ werden Muttergesteine anhand ihrer geochemischen Eigenschaften auf Basis von Literaturdaten, Daten aus BGR-Archivbeständen, sowie durch neue an der BGR durchgeführte geochemische Analysen, charakterisiert. Bestmögliche entsprechende Daten lassen sich durch die Untersuchung von Bohrproben aus den Zielgebieten erreichen.
Für die nördliche Barentssee und den Ostgrönlandschelf liegen bisher keine Muttergesteinsproben aus Bohrungen vor. Proben von organikreichen Sedimentgesteinen, die auf Svalbard, dem herausgehobenen Teil der nördlichen Barentssee, aufgeschlossen sind, werden deshalb als analoge Muttergesteine für die Barentssee herangezogen. Ähnliches gilt für den Ostgrönlandschelf, für den Muttergesteine von Aufschlüssen entlang der Küste Ostgrönlands genutzt werden können. Potenzielle Muttergesteine im Bereich der nördlichen Barentssee sind z.B. Sedimente der mittleren Trias (Botneheia Formation) und des späten Jura (Agardfjellet Formation). Ebenfalls im Fokus dieser Arbeiten sind in der Arktis verbreitete Paläozäne (Firkanten Formation) und karbonzeitliche (Billefjorden Formation) Kohlen, die ein hohes Erdölbildungspotenzial aufweisen.
Im Rahmen des BGR CASE-Programms wurden und werden regelmäßig Landexpeditionen durchgeführt, um die strukturelle Entwicklung der Arktis zu erforschen. Anhand von Gesteinsproben, die während der CASE Expeditionen genommen wurden, werden umfangreiche und detaillierte Untersuchungen zur Muttergesteinscharakterisierung durchgeführt und die Daten in geographischen Informationssystemen verwaltet und für Fragestellungen im PANORAMA-Projekt ausgewertet.
Zusätzlich zu eher klassischen organisch-geochemischen Methoden wie die Analyse des Gehalts an organischem Kohlenstoff (TOC), der Bestimmung des Kohlenwasserstoffbildungspotenzials und der thermischen Reife (Rock-Eval Pyrolyse), werden auch Daten zur Kinetik der Erdöl- und Erdgasbildung erhoben. Hierfür werden offene und geschlossene Pyrolysen genutzt und die geochemische Zusammensetzung der hierbei generierten Kohlenwasserstoffe analysiert. Im Rahmen des Projektes wird zudem durch eine Kombination aus Pyrolyse und Isotopenmassenspektrometrie direkt das Verhältnis der stabilen Kohlenstoffisotope in den gasförmigen Produkten analysiert.
Ebenfalls für das PANORAMA-Projekt werden geochemische Methoden getestet und weiterentwickelt (Blumenberg et al., 2018) und gasgeochemische Analysen an Meeressedimenten durchgeführt. Hierbei werden die im Sediment gebundenen, sogenannten „adsorbierten Gase“ analysiert. Entsprechende Gase können Informationen zu darunter lagernden Erdöl- und Erdgas-Muttergesteinen enthalten (Faber et al., 1997). Ergebnisse aus einer Expedition nördlich von Svalbard (PANORAMA-1) deuten darauf hin, dass im Bereich des südlichen Nansen-Beckens des Arktischen Ozeans Paläozäne Muttergesteine mit Erdölreife vorkommen, die wahrscheinlich während des Eozäns abgelagert wurden (Blumenberg et al., 2016). Ähnliche Untersuchungen an Sedimenten aus dem Storfjorden- und dem Olga-Becken, die während der PANORAMA-2 Expedition gewonnen wurden, weisen auf unterschiedlich thermisch reife und potente Muttergesteine in diesen Bereichen der nördlichen Barentssee hin (Weniger et al., 2017).
Literatur:
Blumenberg, M., Lutz, R., Schlömer, S., Krüger, M., Scheeder, G., Berglar, K., Heyde, I., Weniger, P., 2016. Hydrocarbons from near-surface sediments of the Barents Sea north of Svalbard – Indication of subsurface hydrocarbon generation? Marine and Petroleum Geology 76, 432-443.
Blumenberg, M., Pape, T., Seifert, R., Bohrmann, G., Schlömer, S., 2018. Can hydrocarbons in entrapped in seep carbonates serve as gas geochemistry recorder? Geo-Marine Letters 38, 121–129.
Dallmann, W.K., 2015. Geoscience Atlas of Svalbard. Norwegian Polar Institute, Tromsø.
Faber, E., Berner, U., Hollerbach, A., Gerling, P., 1997. Isotope geochemistry in surface exploration for hydrocarbons. Geologisches Jahrbuch D103, 103-127.
Weniger, P., Berglar, K., Blumenberg, M., Erhardt, A., Franke, D., Klitzke, P., Lutz, R. (2017) Near-surface gas geochemistry of the Northern Barents Sea. 28th International Meeting on Organic Geochemistry (IMOG), Florence, Italy 17-22 September.
Weniger, P., Blumenberg, M., Berglar, K., Ehrhardt, A., Klitzke, P., Krüger, M. and Lutz, R. (2019) Origin of near-surface hydrocarbon gases bound in northern Barents Sea sediments. Mar. Petrol. Geol. 102, 455-476; https://doi.org/10.1016/j.marpetgeo.2018.12.036