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GMES Terrafirma – Ein europaweiter Informationsdienst über Bodenbewegungen

Land / Region: Europa

Projektanfang: 01.01.2003

Projektende: 31.12.2013

Projektstand: 31.12.2013

Terrafirma ist eines von mehreren „GMES Service Element“ Projekten, die von der Europäischen Weltraumorganisation ESA im Rahmen der Initiative „Global Monitoring for Environment and Security (GMES)“, seit Dezember 2012 Copernicus genannt, gefördert werden. Terrafirma ist ein europaweiter Informationsdienst über Bodenbewegungen, der das Ziel hat, Agenturen für Zivilschutz und Katastrophenmanagement sowie Behörden für Küstenschutz und Infrastruktur bei ihrer Risikobewertung und -minderung zu unterstützen. Die Basis dieses Dienstes bilden Bodenbewegungsdaten, die mit Hilfe der Methodik „Persistent Scatterer Interferometrie (PSI)“ erzielt wurden und die von Experten aus Geologie und Geophysik ausgewertet und interpretiert werden.

Die Voraussetzung für die Anwendung der PSI-Methodik ist die Existenz einer großen Anzahl (meist 20 - 100) Synthetic Aperture Radarsatellitenszenen (SAR) der gleichen Region, die über einen längeren Zeitraum (meist mehrere Jahre) aufgenommen wurden. Das Radarsignal wird von Objekten der Erdoberfläche, wie zum Beispiel Gebäuden, Industrieanlagen, Brücke und Strommasten besonders stark reflektiert. Für diese ortsfesten ReDflektoren, die über den gesamten Messzeitraum ein stabiles Signal liefern, können Bodenbewegungsraten mit einer Genauigkeit von wenigen Millimetern pro Jahr berechnet werden.

In den ersten beiden Phasen von Terrafirma (2003 - 2009) nahm die BGR Auswertungen der PSI-basierten Bodenbewegungsdaten für Berlin, Hamburg und Staßfurt vor. Die Ergebnisse dieser Städte sowie auch von weiteren europäischen Städten, die während Phase 1 und 2 ausgewertet wurden, sind im Terrafirma Atlas veröffentlicht worden.
In Terrafirma Phase 3 (2009 – 2013) wurden die Auswertungen der Bodenbewegungsdaten in folgende thematische Dienste untergliedert:

  • Tektonik
  • Absenkungen in Küstengebieten & Küstenschutz
  • Hydrogeologie (inklusive Grundwassermanagement, Altbergbau und Hangrutsche)

Zusätzlich wurde der neue Service „Wide Area Mapping Service” vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt. Bei diesem neu entwickelten „Wide Area Product (WAP)” handelt es sich um eine operationelle PSI-Prozessierung, die großflächige Kartierungen von Bewegungen auf nationaler oder kontinentaler Ebene mit einer Genauigkeit im Millimeter-Bereich ermöglicht.
Innerhalb des Themendienstes „Absenkungen in Küstengebieten“ wurde ein WAP für ein ca. 21.000 km² großes Gebiet im Norddeutschen Tiefland prozessiert, das sich von Osten nach Westen zwischen Wilhelmshaven und Hamburg erstreckt und von Norden nach Süden zwischen Kiel und Bremen (Abbildung 1).
Das Norddeutsche Tiefland ist charakterisiert durch ein flaches Relief und tief liegende Gebiete. Besonders die Gebiete entlang der Nordseeküste und den Flüssen Elbe und Weser sind potentiell überflutungsgefährdet (Abbildung 2).

Abb. 2: Karte der Hochwassergefährdung in Niedersachsen (NIBIS® Kartenserver (2014): Hochwassergefährdung 1:500.000)Abb. 2: Karte der Hochwassergefährdung in Niedersachsen (NIBIS® Kartenserver (2014): Hochwassergefährdung 1:500.000) Quelle: LBEG

Die Auswertung von vertikalen Bodenbewegungen in küstennahen Tiefebenen ist daher wichtig zur Beurteilung von Überflutungsgefährdungen. Das neu entwickelte „Wide Area Product“ ist für diese Anwendung bestens geeignet, da es einen Überblick über vertikale Bodenbewegungen für große Gebiete liefert und zur Identifizierung von Bewegungsgebieten zur weiteren detaillierten Analyse verwendet werden kann. Das WAP basiert auf 191 Synthetic Aperture Radarszenen (SAR), die zwischen Mai 1992 und Januar 2001 von den ERS-1 und ERS-2 Satelliten aufgenommen wurden. Über eine halbe Millionen Persistent Scatterers (PS) konnten im Datensatz identifiziert werden, die durchschnittliche jährliche Bodenbewegungsraten für jeden Punkt im Untersuchungsgebiet liefern.
Der Datensatz wurde auf Plausibilität geprüft und für Gebiete mit hohen Bewegungsraten wurden geologische Interpretationen durchgeführt. Zur Identifizierung potentieller Ursachen der beobachteten Bewegung wurden die PSI-basierten Bewegungsdaten gemeinsam mit geologischen, hydrogeologischen, geotechnischen und topographischen Karten sowie Informationen über Geogefährdungen in einem Geographischen Informationssystem (GIS) ausgewertet. Zusätzlich wurden Geländebegehungen durchgeführt, um mögliche Auswirkungen der beobachteten Bewegungen auf die Erdoberfläche zu untersuchen.
Anhand der PSI-Daten konnten mehrere Absenkungsgebiete identifiziert werden, die hauptsächlich in Marschgebieten entlang der der Nordseeküste und den Flüssen Elbe und Weser vorkommen (Abbildung 3). Die Landabsenkungen in den Marschgebieten sind generell charakterisiert durch Bewegungsraten zwischen 1 und 7 mm/Jahr und werden wahrscheinlich durch die Kompaktion quartärer Sedimente, bestehend aus einer Mischung aus Torf, Ton, Schluff und Feinsand, verursacht.

Abb. 3: Die Karte zeigt die Bewegungsdaten für das Norddeutsche Tiefland Abb 3: Die Karte zeigt die Bewegungsdaten für das Norddeutsche Tiefland (Hintergrundbild: zwei panchromatische Landsat 7 Satellitenbilder aufgenommen im Mai 2000). Grüne Punkte zeigen stabile Gebiete, blaue Punkte Hebungen und gelbe bis rote Punkte zeigen Absenkungen. Die Marschgebiete entlang der Nordseeküste und den Flüssen Elbe und Weser sind anhand von Absenkungen von 1 bis 7 mm/Jahr gut erkennbar (blaue Linie: Absenkung zwischen Marsch und Geest) Quelle: BGR


Gebiete mit höheren Absenkungsraten wurden identifiziert und vor Ort genauer untersucht. Zum Beispiel kommen im Hafen- und Industriegebiet von Bremerhaven Absenkungen von bis zu 2 cm/Jahr vor, die wahrscheinlich durch anthropogene Aktivitäten sowie durch hohe Auflast auf den gering tragfähigen Untergrund verursacht werden. In einem Wohngebiet im Norden der Stadt werden die Auswirkungen dieser Bewegungen anhand von Gebäudeschäden deutlich sichtbar (Abbildung 4). Weitere Absenkungen konnten in Gebieten festgestellt werden, in denen Erdgas gefördert wird oder Untergrundspeicher betrieben werden.

Abb. 4: 1. PSI-WAP-Daten für Bremerhaven (gün: stabil, gelb bis rot: Absenkungen), 2. Tragfähigkeit des Baugrundes (Ingenieurgeologische Karte), 3. Fassadenrisse an einem Wohngebäude in BremerhavenAbb. 4: 1. PSI-WAP-Daten für Bremerhaven (gün: stabil, gelb bis rot: Absenkungen), 2. Tragfähigkeit des Baugrundes (Ingenieurgeologische Karte), 3. Fassadenrisse an einem Wohngebäude in Bremerhaven Quelle: BGR


Die Nützlichkeit der finalen Interpretationsergebnisse wurde vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) von Niedersachsen bewertet. Joachim Fritz, ehemaliger Leiter des Referats Bauwirtschaft, Baugrund und Georisiken sieht den Nutzen der Daten in der Identifikation von Bewegungsgebieten, Unterstützung bei der Entwicklung von Monitoringsystemen und der Ergänzung von terrestrischen Messungen.



Weitere Informationen:

GMES-Terrafirma-vorläufige Ergebnisse der Phasen 1 und 2, engl.
Terrafirma Broschüre
BGR-Report der BGR, Ausgabe 2012 (Seiten 20/21)


Projektbeiträge:

Partner:

ESA

Kontakt:

    
Dr. Michaela Frei
Tel.: +49-(0)511-643-2865

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