Biostratigraphie im Neogen und Paläogen der Deutschen Nordsee
Beitrag zum Projekt:
Für die unterschiedlichen Nutzungen der Deutschen Nordsee ist es notwendig, den genauen Aufbau des Untergrundes, das Alter von Störungen und die Absenkungsgeschichte zu kennen.
Ein Abbild des Untergrundes liefern seismische Vermessungen mit ihren Reflektoren. Theoretisch ist es möglich, Reflektoren von Dänemark, über Deutschland bis nach Holland und England zu korrelieren. Praktisch hat dieser Ansatz bisher keine korrekten Ergebnisse geliefert, da immer wieder Reflektoren zusammenfallen, neu einsetzen oder auskeilen. Daher ist es notwendig, an mehreren Stellen und über das Nordsee Becken verteilt, das Alter der Reflektoren zu bestimmen. Nur dies ermöglicht eine sichere Korrelation.
Für die Deutsche Nordsee ist die Altersdatierung der Reflektoren erstmalig in der Bohrung G-11-1 erfolgt. Aus dieser Bohrung wurden Spülproben aus dem Känozoikum, das ist der Zeitraum der letzten 65,5 Millionen Jahre, auf Dinozysten und Kalknannoplankton untersucht. Die Bohrung war 1988 von der BEB Erdgas und Erdöl GmbH abgeteuft und geophysikalisch vermessen worden.
Die Untersuchung ergab, dass nicht alle Zeitabschnitte durch Sedimente repräsentiert sind. Vielmehr ist der Untergrund durch eine Wechselfolge von Sedimenten und Schichtlücken von zum Teil mehreren Millionen Jahren Zeitdauer geprägt. Diese zeitlichen Lücken sind: oberes Thanetium bis mittleres Ypresium, Bartonium bis mittleres Priabonium, unteres Eozän, innerhalb des mittleren Rupelium, Chattium bis unteres Aquitanium, mittleres Burdigalium und oberes Tortonium bis unteres Zancleum. Diese Schichtlücken sind auch in der Seismik über mindestens 30 Kilometer zu verfolgen.
In der 2-D Seismik ist im Känozoikum der Nordsee eine prominente Linie, die so genannte mittel-Miozän Diskordanz (Mid Miocene Unconformity, MMU) von Bedeutung. Diese Linie trennt konkordant abgelagerte Schichten im Liegenden von Deltasedimenten, die von Flusssystemen aus dem Osten und Südosten in die Nordsee geschüttet wurden. Das Alter der MMU konnte in der Bohrung G-11-1 auf mittleres Mittel-Miozän bis unteres Ober-Miozän eingeengt werden. Sedimente unterhalb der MMU sind als Dinozysten-Zone DN5, beziehungsweise Kalknannoplankton-Zone NN5, und Sedimente oberhalb der MMU als Dinozysten-Zone DN8 datiert.
Die Alterdatierung anhand von Mikrofossilien bildet somit die Grundlage für die großräumige Rekonstruktion geologisch-tektonischer Prozesse.
Aus anderen Bohrungen wurden quartäre Sedimente auf Foraminiferen untersucht. Ziel der Untersuchungen war, markante Horizonte biostratigraphisch mit Foraminiferen zu datieren. Die Untersuchungen verschiedener Bohrkerne ergab jedoch, dass in diesen Sedimenten keine biostratigraphisch wichtigen Foraminiferen vorkommen.
Literatur:
Köthe, A. (2007): Cenozoic biostratigraphy from the German North Sea sector (G-11-1 borehole, dinoflagellate cysts, calcareous nannoplankton). – Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, 158(2): 287–327; Stuttgart.
Köthe, A., Gaedicke, C. & Lutz, R. (2008): Erratum: The age of the Mid-Miocene Unconformity (MMU) in the G-11-1 borehole, German North Sea sector. – Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, 159(4), 687–689; Stuttgart.