Pleistozäne subglaziale Rinnen in Norddeutschland – Einfluss des geologischen Untergrunds auf die Rinnenbildung und Reaktivierung verfüllter Rinnen
Land / Region: Deutschland
Projektanfang: 01.01.2021
Projektende: 31.12.2025
Projektstand: 12.02.2024
Während der pleistozänen Eisvorstöße kam es in weiten Teilen Norddeutschlands zur Bildung von subglazialen Rinnen. Es ist zu erwarten, dass es auch während möglicher zukünftiger Eiszeiten zur Bildung subglazialer Rinnen kommt. Die gegebenenfalls tiefgreifende Erosion durch die Rinnenbildung hätte das Potenzial, die Integrität der geologischen Barriere eines Endlagers zu beeinträchtigen. Das Standortauswahlgesetz schreibt eine minimale Teufe eines einschlusswirksamen Gebirgsbereichs (ewG) unterhalb der größten zu erwartenden Tiefe von exogenen Prozessen, deren direkte oder indirekte Auswirkungen zur Beeinträchtigung der Integrität eines ewG führen können, vor. Subglaziale Rinnen werden dabei indirekt als „eiszeitlich bedingte intensive Erosion“ genannt (StandAG § 23 Abs. 5 Nr. 3).
Die Bildung subglazialer Rinnen durch Schmelzwasserabfluss unter hohem Druck ist einer der am tiefsten reichenden Erosionsprozesse überhaupt. In den ehemals vergletscherten Gebieten Norddeutschlands sind subglaziale Rinnen mit Tiefen von 100 bis 300 m weit verbreitet, maximal sind Tiefen von über 500 m bekannt. Trotz einer langen Forschungsgeschichte bestehen noch zahlreiche offene Fragen zur Genese und Entwicklung der subglazialen Rinnen und ihren Füllungen. Subglaziale Rinnen zeigen häufig eine komplexe Entwicklung mit wiederholten Phasen der Erosion und Sedimentation, die sich über mehrere Eiszeiten erstrecken kann.
In diesem Projekt werden die Entstehung und Verbreitung pleistozäner subglazialer Rinnen in Norddeutschland untersucht. Ziel des Projekts ist die Kenntnis der Kontrollfaktoren zur Anlage und Reaktivierung subglazialer Rinnen, um die Prognosemöglichkeit einer zukünftigen Rinnenbildung zu verbessern.
Im Rahmen dieses Projekts sollen folgende Kernfragen beantwortet werden:
- Welchen Einfluss hat der Aufbau des geologischen Untergrunds (z. B. Lithologie, Störungen, Salzstrukturen) auf die Bildung subglazialer Rinnen und deren Eigenschaften (z. B. Verbreitung, Geometrie, Dimensionen)?
- Welche Faktoren kontrollieren das Einschneiden von subglazialen Rinnen und die Reaktivierung bereits vorhandener Rinnen während wiederholter Eisvorstöße?
- Wie ist die Entwicklung der subglazialen Rinnen und ihren Füllungen verlaufen?
- Kann die Bildung subglazialer Rinnen während zukünftiger Eiszeiten prognostiziert werden?
Die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) richteten vom 9.-10.12.2021 einen virtuellen Workshop zum Thema „Subglaziale Rinnen“ aus.
Erste Ergebnisse des Projekts wurden in „E&G Quaternary Science Journal“, der Zeitschrift der Deutschen Quartärvereinigung (DEUQUA) veröffentlicht (externer Link): The past is the key to the future – considering Pleistocene subglacial erosion for the minimum depth of a radioactive waste repository.
BGR-Beitrag zur Jahrestagung der Deutschen Quartärvereinigung e. V. (DEUQUA) am 30.09.2021:
Was haben Eiszeiten mit der Sicherheit eines Endlagers zu tun?