BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

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Miniseismik In-situ-Messungen

Im Rahmen der Endlagerforschung werden von der BGR in verschiedenen europäischen Untertagelabors geologische, geophysikalische und geotechnische Untersuchungen durchgeführt. Seismische Parameter reagieren sehr sensibel auf Änderungen der Gesteinseigenschaften, wie sie beispielsweise durch die Auffahrung von Hohlräumen (Tunnel, Schächte, Nischen) und den damit verbundenen Spannungsumlagerungen hervorgerufen werden. In einem potenziellen Endlager führen aber auch thermische, hydraulische, mechanische und chemische Einflüsse (THMC-Prozesse) zu Veränderungen der Gebirgseigenschaften.

Mithilfe von Miniseismik In-situ-Untersuchungen können zahlreiche Parameter bestimmt werden, die gut geeignet sind, das Gestein im Umfeld untertägiger Grubenräume zu charakterisieren. Bei den von der BGR eingesetzten In-situ-Methoden werden Frequenzen im Bereich von wenigen kHz bis zu 150 kHz verwendet. Im Weiteren wird zur Vereinfachung nur der Begriff Miniseismik verwendet.

Die bislang durchgeführte Miniseismik wurde in nationalen und internationalen Forschungslaboratorien in sehr unterschiedlichen Gesteinsformationen durchgeführt:

  • verschiedene Tongesteine (Opalinuston, Callovo-Oxfordian)
  • plastischer Ton (Boom Clay)
  • Kristallin
  • Steinsalz

Viele Messungen werden von Bohrungen aus vorgenommen um die geforderte hohe räumliche Auflösung (Dezimeter bis einige Zentimeter) bei der Charakterisierung des Gesteins zu erzielen. Die verwendeten Bohrlochdurchmesser liegen dabei zwischen 86 mm und 300 mm. In einem aktuellen Projekt ist ein Durchmesser von 740 mm geplant. Die Bohrlochtiefen liegen in der Regel zwischen 5 m und 20 m, können aber auch bis 80 m reichen. Bezüglich der Orientierung gibt es keine Einschränkungen. Die Bohrungen müssen allerdings trocken sein (geringe Feuchte ist unproblematisch).  

Bohrlochqualität - Bohrlochkamera

Beim Einsatz bohrlochgestützter Miniseismik wird die Qualität der Bohrlochwand vor jeder Messung mithilfe einer Bohrlochkamera beurteilt, um unter anderem die besten Ankoppelflächen für die seismischen Sensoren festzulegen. Als Beispiel sind in den folgenden Teilabbildungen a) und b) für zwei Tiefen (2,2 m und 7,1 m) die Fotos sowie die entsprechenden qualitativen Beurteilungen einer im Tongestein erstellten Bohrung dargestellt. Die Qualitätsmerkmale (c) reichen in diesen Fällen von „intakter Bohrlochwand (1)“ bis zu „stärkeren Bohrlochwandausbrüchen (4)“.

Abbildung: Bohrlochkameraaufnahmen bei 2,2 m und 7,1 m Tiefe mit qualitativer Beurteilung des Zustandes der Bohrlochwand. Quelle: BGR

Mithilfe systematischer Zusammenstellungen dieser Bewertungen lassen sich in vielen Fällen sehr nützliche Zusatzinformationen, u. a. über die vorherrschenden Spannungsverhältnisse (Richtung der minimalen und maximalen Hauptspannungsrichtung) im Gebirge, gewinnen. In der Abbildung ist neben der Unterscheidung zwischen intakten und gestörten Bohrlochwandbereichen (ab ca. 3.3 m) auch eine 180°-Periodizität zu erkennen, die Auskunft über die Orientierung der Hauptspannungsrichtungen geben kann.


Prinzip der Miniseismik-Bohrlochmessungen (Intervallgeschwindigkeitsmessungen)

In Abhängigkeit von den oben genannten Einflussgrößen und unter Berücksichtigung gezielter wissenschaftlicher Fragestellungen wird der Gebirgsnahbereich mit verschiedenen seismischen Methoden untersucht. Allen Methoden ist das Aussenden und Empfangen eines seismischen Wellenfeldes gemein. Anhand eines typischen Datensatzes, der mit der von der BGR entwickelten Ultraschall-Bohrlochsonde gewonnen wurde, wird das prinzipielle Vorgehen beschrieben. In der folgenden Abbildung ist eine 8 Kanal Ultraschall-Bohrlochsonde (b) sowie der Strahlenverlauf des seismischen Wellenfeldes vom Sender zu den sieben Empfängern (a) zu sehen. Die Abstände zwischen dem Sender und Empfänger 1 sowie zwischen den Empfängern betragen bei dieser Sonde jeweils 10 bzw. 5 cm. Die rechte Teilabbildung (c) zeigt die Ersteinsatzphasen (P-Welle) und die vertikal polarisierte Einsatzphase der Scherwelle (Sv) einer Anregung an einem Punkt (CSP – common shot point, Einzelschuss). Nach Messungen über die gesamte Bohrlochtiefe (hier 20 m), Umsortierung und Daten-Processing wird eine sogenannte common offset section (COF) erhalten (d), in welcher bereits laterale Variationen zu erkennen sind. Aus dem registrierten Wellenfeld werden für verschiedene Phasen des Signals u. a. Laufzeiten, Amplituden, Frequenzgehalt und das Absorptionsverhalten abgeleitet und für die Charakterisierung des Gebirges verwendet. Der Verlauf einiger abgeleiteter Parameter über die Bohrlochtiefe ist in den Teilabbildungen e) – h) dargestellt: Mithilfe der Parameter P-Wellengeschwindigkeit, normierte Amplitude der Ersteinsatzphase, Scherwellengeschwindigkeit und dynamischer in-situ-Elastizitäts-Modul (h) kann der Gebirgsnahbereich hochauflösend charakterisiert werden.

Intervallgeschwindigkeitsmessungen. Intervallgeschwindigkeitsmessungen. a: BGR 4-Kanal Ultraschall-Bohrlochsonde. b: Strahlausbreitung entlang der Bohrlochwand. c: Seismische Spuren einer Einzelschuss-Sektion. d: Sortierung von Einzelschuss-Sektionen ergibt eine Constant Offset Section. e – h: Aus den Daten abgeleitete seismische Parameter: seismische P-Wellengeschwindigkeit, normierte Amplitude des P-Wellenersteinsatzes, Geschwindigkeit der vertikal polarisierten S-Welle, dynamischer Elastizitäts-Modul Quelle: BGR

Methodenübersicht

In der folgenden Übersicht sind die bislang eingesetzten In-situ-Methoden schematisch in zwei Gruppen untergliedert, einerseits in Methoden, die in einem oder zwischen zwei Bohrlöchern eingesetzt werden und andererseits in die nichtinvasiven Methoden, die z. B. von einer Tunnelwand aus zum Einsatz kommen können. Des Weiteren werden zahlreiche begleitende Untersuchungen in den BGR-Gesteinslabors durchgeführt. Alle Methoden wurden erfolgreich in verschiedenen Gesteinsformationen eingesetzt (Tongesteine, Kristallin, Steinsalz).

Übersicht über die eingesetzten Ultraschallmethoden. 1 – 6: Bohrlochgestützte Methoden. 7 – 8: Nichtinvasive Methoden. 9:Begleitende  LaboruntersuchungenÜbersicht über die eingesetzten Ultraschallmethoden. 1 – 6: Bohrlochgestützte Methoden. 7 – 8: Nichtinvasive Methoden. 9:Begleitende Laboruntersuchungen Quelle: BGR

Die folgenden Abbildungen zeigen Situationen typischer In-situ-Messeinsätze und sollen einen Eindruck von den Arbeiten in den Forschungslabors vermitteln.

Typische In-situ-Messungen in verschiedenen ForschungslaborsAbbildung: Typische In-situ-Messungen in verschiedenen Forschungslabors. Quelle: BGR

Aufgaben und Schwerpunkte

Die verschiedenen Methoden werden im Wesentlichen für die zur Beantwortung folgender Fragestellungen und Forschungsaufgaben eingesetzt, wobei die Detektion und kleinräumige seismische Charakterisierung bestimmter Gebirgsbereiche im Vordergrund stehen.

Darüber hinaus wurden von der BGR auch seismische Messungen in oberflächennahen Bereichen durchgeführt:

Aktuelle Entwicklungen

10-Kanal Ultraschall-Bohrlochsonde: Zurzeit sind zwei neu entwickelte Ultraschall-Bohrlochsonden in der Erprobung. Beide Sonden haben jeweils 10 Kanäle (3 Sender und 7 Empfänger) und unterscheiden sich in den Abständen zwischen den Sendern und Empfängern (5 cm und 10 cm). Erste In-situ-Tests waren erfolgreich.

 

25-Kanal Geoelektrik-Bohrlochsonde: Zur besseren Charakterisierung von Bohrlochwandbereichen wurde eine Geoelektrik-Bohrlochsonde (Durchmesser 86 mm) mit 25 Elektroden im Abstand von 1,6 cm gebaut und erfolgreich eingesetzt.

 

Untersuchungen und Methodenentwicklungen wurden und werden in der Schachtanlage Asse und in folgenden Forschungslaboratorien durchgeführt:

Internationales Forschungsprojekt Mont Terri

Laboratoire de recherche souterrain de Meuse/Haute-Marne, Frankreich (Callovo-Oxfordian)

Tournemire Underground Laboratory, Frankreich (Tonschiefer)

Underground Research Facility Mol, Belgien (Boom Clay)

Äspö Hard Rock Laboratory, Schweden (Granit)

Felslabor Grimsel, Schweiz (Granit)


Mitarbeiter des Miniseismik-Teams:
Hendrik Albers
Friedhelm Schulte
Torsten Tietz
Ulf Nowak



Kontakt

    
Dr. Thies Beilecke
Tel.: +49-(0)511-643-2804

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