BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Zeitliche Entwicklung des Klimas und eines Endlagers

Die Abbildung unten zeigt die vergangene Entwicklung eines hypothetischen Endlagerstandorts in Norddeutschland bis heute und von dort ausgehend in zwei Zweigen die Entwicklung bis in einer Million Jahre. Der erste Zweig entspricht einer warmzeitlichen und der zweite einer kaltzeitlichen Entwicklung. Die nachfolgenden Texte erläutern der Abbildung folgend die Entwicklung des Klimas in der Vergangenheit und der Zukunft. Für die Zukunft wird ergänzend auch die Veränderung des Endlagers einbezogen.

Zur interaktiven Präsentation Klimaszenarien mit Erläuterungen (Download, 275 KB)Klimaszenarien Quelle: BGR

Sie können die Klimaentwicklung je Blockbild in der Abbildung oben interaktiv per Download (275 KB) abrufen.

Ca. 1 Million Jahre vor heute

In der Erdgeschichte herrschte während der Kreide und im Tertiär ein warmes, zumeist auch feuchtwarmes, Klima vor. Eine Abkühlung setzte erst vor ca. 35 Millionen Jahren ein. Diese Entwicklung führte über einen langen Zeitraum hin zu den klimatischen Verhältnissen, die vor ca. 1 Million Jahre vorlagen. Das Klima war durch einen Wechsel von kälteren und wärmeren Zeitabschnitten gekennzeichnet, die einem bestimmten Zyklus folgten. Dieser Wechselzyklus wies damals eine Intervalldauer von etwa 40.000 Jahren auf. Der norddeutsche Bereich war vor ca. 1 Million Jahre durch gemäßigte bis kaltzeitliche Verhältnisse geprägt.

In Norddeutschland sind aus dieser Zeit Sedimente aus Flussablagerungen bekannt, die dafür sprechen, dass es keine ausgedehnte Eisüberdeckung gab. Die damaligen Verhältnisse sind zeitweise mit heutigen Tundra- oder Taigalandschaften vergleichbar.

 

Ab ca. 800.000 Jahren vor heute

Vor ca. 800.000 Jahren stellte sich eine verlängerte Zyklendauer von Kalt- und Warmzeiten von 40.000 auf 100.000 Jahre ein. Diese verlängerten Zyklen halten bis heute an.

Während verschiedener Kaltzeiten hat es in Norddeutschland mehrere Eisüberdeckungen gegeben. Im Verlauf der Elster-Kaltzeit drang das Eis aus Skandinavien am weitesten nach Süden vor und erreichte damit die größte Ausdehnung der vergangenen Vergletscherungen. Das Gletschereis reichte bis an den Rand der Mittelgebirge von Sachsen und Thüringen und überfuhr teilweise den Unterharz.

Auf die Holstein-Warmzeit folgte die Saale-Kaltzeit, die ebenfalls mit einer Eisüberdeckung Norddeutschlands einherging.
In der Weichsel-Kaltzeit erreichten die Gletscher hingegen nur den äußersten Nordosten Deutschlands. Die Auswirkungen all dieser klimatisch bedingten Prozesse haben unser heutiges Landschaftsbild geprägt. Im Untergrund zeugen insbesondere die in der Elster-Kaltzeit angelegten bis zu 500 m tiefen Rinnen von der Intensität der kaltzeitlichen Erosionsprozesse.

 

Heute

Der norddeutsche Bereich liegt heute in einer Zone mit gemäßigtem Klima und ist geprägt von menschlichen Einflüssen. Die radioaktiven Abfälle, die z. B. bei der Energieerzeugung in Atomkraftwerken anfallen, stellen an der Erdoberfläche auf Dauer eine Gefahr für Mensch und Umwelt dar. Aus diesem Grund wird nach Lösungen für deren sicheren Einschluss im Untergrund gesucht.

In Norddeutschland wird als möglicher Endlagerstandort der Salzstock Gorleben erkundet. Bei einer nachgewiesenen Eignung könnte eine Einlagerung im Salzstock Gorleben in Tiefen zwischen 800 und 1000 m erfolgen. Dieser Tiefenbereich wurde durch die klimatischen Prozesse in der Vergangenheit nicht beeinflusst. Aus dem Ablauf und Ausmaß der vergangenen, klimatisch bedingten Prozesse ist auch für die zukünftige Entwicklung anzunehmen, dass es zu keinen Beeinträchtigungen in diesen Einlagerungstiefen kommen wird. 

Für die weitere Entwicklung wird angenommen, dass ein Endlager im Untergrund angelegt wurde, so dass bei den weiteren Erläuterungen auch die Veränderungen im Untergrund und in einem dort befindlichen Endlager einbezogen werden.

 

Entwicklungszweig 1 (Warmzeit-Szenario):

Als Ausgangssituation wird für diesen Entwicklungszweig angenommen, dass eine Verlängerung der derzeit bestehen Warmzeit eintritt. Verursacht würde diese z. B. durch menschliche Einflüsse, wie das weitere Einbringen von Treibhausgasen. Diese können das Klima dahingehend ändern, dass eine Erwärmung innerhalb der natürlichen Kalt-/Warmzeitzyklen zu einem verzögerten Einsetzen der nächsten Kaltzeit führt.

 

Warmzeit-Szenario in 10.000 Jahren

Für den Fall einer deutlichen Klimaerwärmung mit einer Erhöhung der Jahresmitteltemperaturen, die z. B. durch vom Menschen in die Atmosphäre eingebrachte Treibhausgase verursacht oder verstärkt wurde, ist mit einem weltweiten Abschmelzen der Gletscher zu rechnen. Als Folge eines kompletten Abschmelzens würde der Meeresspiegel um 60 – 70 m ansteigen und weite Teile Norddeutschlands überfluten. Außerdem werden für diesen Bereich höhere Niederschlagsmengen erwartet. Diese Prozesse sind schon innerhalb der nächsten 500 bis 1000 Jahre zu erwarten.

Aufgrund der Meeresüberflutung und der damit einhergehenden Sedimentation ist mit einer Erhöhung der Deckgebirgsmächtigkeit zu rechnen. Dadurch erhöht sich auch der Gebirgsdruck im Tiefenbereich des Endlagers, was zu einer leichten Beschleunigung des Salzkriechens führt, durch das die Resthohlräume im Endlager geschlossen werden. Die wärmeentwickelnden Abfälle verursachen im Endlagerbereich in den ersten Zehner und Hunderten Jahren nach der Einlagerung eine maximale Temperaturerhöhung. Bis zum Zeitpunkt von ca. 10.000 Jahren ist das Gebirge jedoch wieder auf die natürlichen Temperaturen abgekühlt.

Warmzeit-Szenario in 100.000 Jahren

Aufgrund der unterstellten vom Menschen verursachten Erwärmung und damit der Verlängerung der derzeit bestehenden Warmzeitperiode, würde in 100.000 Jahren die durch das Abschmelzen der Gletscher verursachte Überflutung Norddeutschlands weiterhin bestehen. Das Klimasystem würde sich ab ca.100.000 Jahre wieder an die ungestörten natürlichen Verhältnisse annähern, was mit einer langsamen Abkühlung verbunden wäre.

Die Auswirkungen im Untergrund wären die gleichen wie für den Zeitabschnitt in 10.000 beschrieben. Zu diesem Zeitpunkt kann davon ausgegangen werden, dass die Resthohlräume des Endlagers durch das Salzkriechen geschlossen sind.

 

Warmzeit-Szenario in 500.000 Jahren

Bei einer nachlassenden Wirkung anthropogener Klimabeeinflussungen würden sich allmählich natürliche Klimazyklen mit kälteren und wärmeren Phasen erneut einstellen. Für Norddeutschland kann daher angenommen werden, dass in 500.000 Jahren der Meeresspiegel wieder abgesunken ist und möglicherweise ein kühleres bis gemäßigtes Klima herrscht.

Für den Bereich der eingelagerten Abfälle im Untergrund hätten diese klimatischen Bedingungen keine Auswirkungen. Die Abfälle wären weiterhin von Salzgestein umschlossen und die Radioaktivität würde ungestört weiter abklingen.

 

Warmzeit-Szenario in 1 Million Jahre

Nach einer Million Jahre wird für den norddeutschen Bereich angenommen, dass entsprechend der Klimazyklen möglicherweise eine Kaltzeit herrschen würde. Ein Permafrost könnte sich dann entwickelt haben. Auch ist zu dieser Zeit eine Eisüberdeckung nicht auszuschließen. Diese Entwicklungsstufe entspricht aufgrund der Rückkehr zu den natürlichen und unbeeinflussten Klimazyklen wieder denen, die auch im Kaltzeitszenario in einer Million Jahre angenommen werden.

Im Untergrund werden bei einer normalen Entwicklung des Endlagers, unabhängig vom jeweiligen Klimaszenario, die radioaktiven Abfälle weiterhin vom Salzgestein umschlossen. Der einschlusswirksame Gebirgsbereich wurde von den klimatisch bedingten Prozessen zu keiner Zeit beeinflusst.

 

Entwicklungszweig 2 (Kaltzeit-Szenario):

Ausgangssituation dieses Szenarios ist die Annahme, dass die natürlichen Klimazyklen weiterhin als Grundlage für die Klimaentwicklung bestehen. Abgeleitet aus der Vergangenheit bedeutet dies eine Dauer von ca. 100.000 Jahren für eine Kaltzeit einschließlich einer sie ablösenden Warmzeit. Für die jeweiligen Warmzeiten kann, wie im Warmzeit-Szenario beschrieben, angenommen werden, dass eine teilweise Überflutung Norddeutschlands durch das Meer möglich ist.

 

Kaltzeit-Szenario in 10.000 Jahren

Entsprechend des herrschenden Klimazyklus ist in 10.000 Jahren mit einem Klima zu rechnen, dass dem heutigen entspricht, jedoch bereits Abkühlungstendenzen bei den Jahresmitteltemperaturen aufweist.

Im Nahbereich um die Strecken und Schächte des Endlagers hat sich während der Betriebsphase eine Auflockerungszone gebildet, in der das Salzgestein von feinen Rissen durchzogen ist. Dem wirkt die durch die Abfälle hervorgerufene Erwärmung entgegen, die zu einer Ausdehnung des Salzgesteins führt, durch die die Risse geschlossen werden. Das Temperaturmaximum ist in den ersten Zehner und Hunderten Jahren nach der Einlagerung erreicht und nach ca. 10.000 Jahren ist das Gebirge wieder auf die natürlichen Temperaturen abgekühlt. Insgesamt führt das Salzkriechen zu einer Verkleinerung der Resthohlräume im Endlager.

 

Kaltzeit-Szenario in 100.000 Jahren

Bis zum Zeitraum in 100.000 Jahren wird eine erneute Kaltzeit erwartet, die mit Permafrost und einer Eisrandlage einhergeht, bei der es wie bei der letzten vergangenen Kaltzeit (Weichsel) nicht zu einer vollständigen Eisüberdeckung des norddeutschen Bereiches kommt.

Für den Permafrost wird mit Mächtigkeiten von etwa 200 m gerechnet, wovon z. B. der Salzstock Gorleben nicht erreicht würde. Er wäre dann nur von einer geringen Abkühlung betroffen, bei der mit Rissbildungen im Salzgestein nicht zu rechnen ist. Das Salzkriechen schreitet in den ersten 10.000 Jahren weiter fort und führt zu einem vollständigen Schließen der Resthohlräume und der Risse in der Auflockerungszone des Endlagers.

 

Kaltzeit-Szenario in 500.000 Jahren

Dem 100.000 Jahreszyklus folgend wird ab 500.000 Jahren mit einem erneuten Gletschervorrücken aus Skandinavien gerechnet. Dabei würde es zu einer Eisüberdeckung in Norddeutschland kommen, die dort mit Eismächtigkeiten von einigen 100 Metern einhergehen könnte.

Für den Tiefenbereich der eingelagerten Abfälle sind auch bei einer Eiszeit mit einer Eisüberdeckung keine Beeinträchtigungen zu erwarten. Zwar sind in Norddeutschland tiefe Rinnen bekannt, die unter dem Gletschereis gebildet wurden, diese erreichten jedoch nicht die Tiefen in denen die Abfälle im Salzgestein eingelagert werden. Die Abfälle wären demnach weiterhin von Salzgestein umschlossen und die Radioaktivität würde ungestört weiter abklingen.

 

Kaltzeit-Szenario in 1 Million Jahre

Der erwarteten Klimaentwicklung mit den Kalt- und Warmzeitwechsel-Zyklen folgend, könnte in einer Million Jahre eine weitere Kaltzeit vorliegen, die möglicherweise mit Permafrost einhergeht. Eine Gletscherrandlage oder eine Eisüberdeckung kann zu diesem Zeitpunkt jedoch auch nicht ausgeschlossen werden. Insgesamt erfolgten dann in Norddeutschland im Zeitraum von einer Million Jahre bis zu zehn dieser Zyklen. Vor allem durch die eiszeitlichen Vorgänge, wie Gletscherschurf, Eistektonik, Rinnenbildungen usw., wurden das Deckgebirge und die Morphologie über die gesamte Zeit weitestgehend umgestaltet.

Im Untergrund werden bei einer normalen Entwicklung des Endlagers, unabhängig vom jeweiligen Klimaszenario, die radioaktiven Abfälle weiterhin vom Salzgestein umschlossen. Der einschlusswirksame Gebirgsbereich wurde von den klimatisch bedingten Prozessen zu keiner Zeit beeinflusst.

Kontakt

    
Dipl.-Geow. Axel Weitkamp
Tel.: +49-(0)511-643-3603
Fax: +49-(0)511-643-2304

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