Langfristige Feldversuche mit Silber- und Cer-Nanomaterialien
Land / Region: Deutschland
Projektanfang: 01.10.2014
Projektende: 31.12.2021
Projektstand: 10.03.2022
Hintergrund
Durch den steigenden kommerziellen Einsatz von künstlich hergestellten Nanomaterialien, z. B. in Medizinprodukten und Katalysatoren, kommt es auch zu ihrer Freisetzung in die Umwelt. Über den Abwasserpfad gelangen Nanomaterialien in Kläranlagen, wo sie größtenteils im Klärschlamm abgeschieden werden. Bei der landwirtschaftlichen Verwertung des Klärschlamms werden die Nanomaterialien in den Boden eingetragen. Deshalb untersuchte die BGR gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME) die Mobilität und Wirkung von Silber- und Cer-Nanomaterialien im Boden. Die für drei Jahre angelegten Lysimeterversuche wurden im Rahmen des Drittmittelvorhabens „Designkriterien für nachhaltige Nanomaterialien (DENANA)“ durchgeführt, wobei einige Forschungsfragen zum Verbleib offen blieben. Im Anschluss an die dreijährige Versuchsphase wurden die Versuche für zwei Jahre weitergeführt, um die Aufnahme der Nanomaterialien in bisher nicht untersuchte Feldfrüchte u. a. Zuckerrüben zu untersuchen.
Lysimeterversuch mit Weizen nach Zugabe von Silbernitrat am Fraunhofer IME (2018)
Quelle: BGR
Versuchsdesign
Im Rahmen der Feldversuche erfolgte die Nachstellung des Abwasserpfads. Entsprechend wurden - in verschiedenen Ansätzen - Silber- und Cer-Nanomaterialien über Klärschlamm zu einer Braunerde zugegeben. Für einen Vergleich der Wirkung von partikulärem Silber mit der seiner gelösten Form wurden Versuche mit Silbernitrat durchgeführt. Nach der Einbringung der Braunerde in Freilandlysimeter erfolgte die Kultivierung von konventionellen Feldfrüchten wie Weizen, Gerste, Raps und Zuckerrübe unter verschiedenen Treatments inklusive Kontrollen.
Ergebnisse
Anhand von Messungen in Boden und Sickerwasser konnte gezeigt werden, dass die getesteten Nanomaterialien größtenteils immobil im Boden verblieben, was den aktuellen Stand der Forschung zum kurzfristigen Verbleib bestätigt.
Die meisten getesteten Kulturpflanzen zeigten eine Anreicherung von Cer und Silber an oder in den Wurzeln, was sich mit den eingesetzten Analysemethoden nicht genauer identifizierten lässt. Es bleibt festzuhalten, dass die Transferraten in die Wurzel auf einem niedrigen Niveau lagen, so dass aufgrund der Nachweisgrenzen keine genauere Charakterisierung der Spezies (Nanomaterial vs. Transformationsprodukt) in der Wurzel möglich war. Für beide Nanomaterialien und Silbernitrat wurde für alle getesteten Kulturpflanzen eine deutliche Wurzel-Spross-Barriere identifiziert. Dies bedeutet, dass trotz der Anreicherung in der Wurzel nur ein geringer Anteil der Testsubstanzen in oberirdische Pflanzenteile verlagert wurde.
Im Gegensatz zu den Cer-Nanomaterialien zeigten Silber-Nanomaterialien eine toxische Wirkung auf Bodenorganismen. Diese Wirkung war vergleichbar zur Toxizität von Silbernitrat. Besonders bei mehrmaliger Klärschlamm-Applikation könnte es zur Akkumulation von Nanomaterialien im Boden kommen, die aufgrund der Toxizität eine langfristige Hemmung von Mikroorganismen induzieren könnte.
Schlussfolgerung
Mit den Feldversuchen wurde nachgewiesen, dass Böden eine langfristige Senke für Nanomaterialien darstellen. Aufgrund der beobachteten Pflanzenaufnahme für Silber- und Cer-Nanomaterialien ist dies allerdings nicht ihrer vollständigen Immobilisierung im Boden gleichzusetzen. Einmal in den Boden eingebrachte Nanomaterialien - insbesondere Silber-Nanomaterialien mit ihrer antibakteriellen Wirkung – stellen damit ein Risiko dar. Die Ergebnisse der langjährigen und realitätsnahen Versuche wurden in drei peer-review Publikationen veröffentlicht. Sie sind damit eine wichtige Grundlage für die Risikoabschätzung und -bewertung bezüglich der Auswirkungen von Nanomaterialien auf die terrestrische Umwelt.
Literatur:
Hoppe et al. (2022): Ecotoxicity and fate of silver nanomaterial in an outdoor lysimeter study after twofold application by sewage sludge. Ecotoxicology (preprint).
Hoppe et al. (2019): Long-term outdoor lysimeter study with cerium dioxide nanomaterial. NanoImpact.
Schlich et al. (2017): Ecotoxicity and Fate of a silver nanomaterial in an outdoor lysimeter study. Ecotoxicology.
BGR-Homepage
- Aktuelle Mitteilung (Mitarbeit an der Entwicklung einer OECD-Prüfrichtlinie)
- DENANA-Projekt (2014-2017)
- DENANA Endbericht
Partner:
Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME